Winterfest
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Dein Coach der Philosoph
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Ich erinnere mich noch wie ich unter der Dusche stehe und mich nicht bewege. Nach fünf Minuten stehe ich immer noch, mit der Stirn an der Kachelwand lehnend, ohne mich zu rühren. Auch nicht, als das Wasser plötzlich seine Temperatur von "angenehm" auf "brühend heiss" ändert, weil im oberen Stcok jemand eine Spühlung betätigt hat. Ich erinnere mich auch noch an den Grund: T-MAX-Intervalle. Zuvor war ich bei einer Recherche zufällig auf eine Studie von Laursen gestossen. In dieser ging der Autor der Frage nach, welches Intervalltraining das beste ist (vereinfacht gesprochen).

Spoiler: es gibt nicht «das beste» Intervalltraining. Welches Training das beste ist, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Nicht zuletzt von der Zielsetzung, dem Alter und der Verfassung des/der Athlet/in.

Dieses Intervalltraining erweckte aber meine Aufmerksamkeit, da die Belastungs- sowie die Pausenlänge individuell ermittelt werden. In einem Selbstversuch habe ich dann folgendes herausgefunden:

1. Die Intervalle tun weh
2. Man wünscht sich, dass es bitte bald vorbei ist
3. Man fragt sich, warum man das überhaupt tut
4. Der Effekt war nach zwei Wochen spür- und messbar

Wie funktionieren diese Intervalle?

Die Intensität der Belastung wird durch einen Rampentest ermittelt. In einem zweiten Test wird dann geschaut, wie lange diese Leistung am Stück maximal aufrechterhalten werden kann. Die eigentlichen Trainings laufen dann so ab, dass die ermittelte Intensität über 60% der Zeit gehalten wird. Die Pausenlänge ist dann doppelt so lang wie die Dauer der Belastung.

Alle Klarheiten beseitigt? Hier nochmals Schritt für Schritt:

1. Nach einem langen und intensiven Aufwärmen startest du den Rampentest bei 100 Watt. Steigere jede Minute die Leistung um 30 Watt. Das führst du so lange fort, bis du die Leistung nicht mehr halten kannst. Die zuletzt getretene Leistung stellt dann dein Peak Power Output dar.
2. Nach mindestens 1 (besser 2) Ruhetagen startest du einen zweiten Test. Wärm dich wieder gut auf und Fahre dann mit deiner PPO-Leistung. Auch hier ist der Test beendet, sobald du die Leistung nicht mehr halten kannst. Stopp die Zeit. Diese ist deine «T-MAX».
3. Sobald du zu Hause bist und das Blut wieder den Weg in dein Gehirn gefunden hat, nimmst du einen Taschenrechner und gibst deine T-MAX in Sekunden ein. Diese Zahl multiplizierst du mit 0.6. Somit hast du deine Belastungsdauer in Sekunden. Die Pausenlänge entspricht dann der zweifachen Belastungsdauer.

Laut der Studie wurden über 6 Wochen je 8 Intervalle gefahren. Und das 2 Mal pro Woche. Aus eigenen Erfahrungen und aus den Feedbacks meiner Athleten ist das aber etwas zu viel des Guten. Meiner Meinung nach reichen 4-5 Intervalle pro Einheit bei 2 Einheiten pro Woche. Meist baue ich diese in kurzen 2-3-wöchigen Blöcken in den Wintermonaten oder als unmittelbare Wettkampfvorbereitung ein.

Ein Beispiel:
Ein Athlet erreicht eine Leistung von 388 Watt beim Rampentest. Diese Leistung hält er im zweiten Test 4 Minuten und 30 Sekunden durch, dann trainiert dieser Athlet wie folgt:
• 20 Minuten Warmup
• 5X160 Sekunden bei 388 Watt mit je 325 Sekunden aktiver Erholung (lockeres treten).
• 10-15 Minuten Abwärmen.
Inkl. Auf- und Abwärmen ist dieser Athlet also mit gut einer Stunde dabei.

Für wen ist dieses Intervalltraining geeignet?

Nochmals: es gibt keine magischen Intervalle. Die oben beschriebenen sind sehr effektiv. Wer sie einmal probiert hat, weiss auch warum. Sie sind entsetzlich hart. Jeder gesunde Athlet kann sie sicher einmal ausprobieren. Es sollte aber schon eine gute Grundlage vorhanden sein. Da Intervalle den Ruf haben sehr effizient zu sein, werden sie oft auch als Lückenbüsser verwendet. Nach dem Motto «Wenn ich wenig Zeit habe, trainiere ich eben härter». Das funktioniert aber nur bis zu einem gewissen Grad.
Die Probanden in Laursens Studie waren alle «highly trained endurance cyclists». Ob dieses Training also auch bei «Weekendarriors» einen ähnlichen Effekt hat, kann ich nicht sagen.

Welches ist der beste Zeitpunkt?

Das hängt natürlich ganz stark von der Periodisierung ab. Da aufgrund der starken Erschöpfung kaum noch andere Trainingsinhalte Platz finden, sollte man auf den Einsatz während der Wettkampfphase verzichtet werden. Zumindest sollte der Einsatz dort sehr genau geplant werden. Am besten mit einem erfahrenen Coach 😉
Bleiben noch die Vorbereitungsphasen. Grundsätzlich können schon früh intensive Trainings eingebaut werden. Wie oben schon beschrieben, sollte der/die Athlet/in aber schon Trainingskilometer in den Beinen haben.

Was gibt es sonst noch zu beachten?

In der Studie haben die Probanden an Tagen ohne Intervalltraining nur sehr leichtes Training absolviert. Aus eigener Erfahrung würde ich das auch empfehlen. Die Erschöpfung ist an den Tagen danach doch noch recht gross.

Ergometer oder draussen?

Der Vorteil beim Ergometertraining ist, dass die Intervalle auch bei sehr tiefen Temperaturen durchgeführt werden können. Auch kann die Leistung sehr exakt gehalten werden.
Das Training auf der Strasse finde ich persönlich wesentlich motivierender.
Die Originalstudie ist übrigens hier zu finden.

Greg
Greg
Gregor Lang ist der Betreiber dieser Seite, Trainer und sein eigener Chef. Wenn er nicht gerade Trainingspläne schreibt oder Trainingsdaten analysiert, probiert er neue gute und gesunde Rezepte aus. Fragen von Athleten bringen ihn auf die Ideen zu zahlreichen Blogeinträgen.
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