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Herzfrequenz vs Wattmessung

Verschiedene Möglichkeiten zur Trainingssteuerung

Die Wattmessung gilt im Radsport und Triathlon mittlerweile als Goldstandard. Sicher bietet sie die meisten Möglichkeiten hinsichtlich Trainingssteuerung und -Analysen. Andere Möglichkeiten, haben ihre Daseinsberechtigung aber nicht verloren.

Hier möchte ich einen kurzen Überblick über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Methoden geben, wie man sein Training steuern und messen kann. Die Bewertungen habe ich aufgrund meiner Erfahrungen vorgenommen. Es muss also nicht der Weisheit letzter Schluss sein.
Dafür bin ich als Trainer unabhängig und will hier für kein Produkt werben. Die folgende Aufstellung kann also nützlich sein, ob und auf welches Trainingshilfsmittel die Wahl fällt.


Herzfrequenzmessung

Verglichen mit der Leistungsmessung ist eine «Pulsuhr» wesentlich günstiger. Vor allem Ausdauereinheiten und lange Intervalle und Wiederholungen lassen sich damit gut steuern. Auch das Trainingspensum lässt sich ziemlich genau bestimmen. Da nicht so viele Daten anfallen, ist auch deren Interpretation einfacher.

Bedenken muss man, dass die Herzfrequenz sehr träge reagiert und die Leistung nur indirekt misst. Sprinttrainings und kurze Intervalle lassen sich über die «HF» nicht steuern. Auch ist die HF tagesformabhängig und ändert sich auch während einer Ausfahrt im Verhältnis zur abgegebenen Leistung.

Tipp: Intervalle auch immer etwas nach Gefühl steuern. Nach einiger Zeit lernt man, wie das eigene Herz reagiert und kann Intervalle immer exakter steuern. Genaueres zum Thema findest du auch in dem Blog Herzfrequenz gesteuertes Training



Wattmessung

Sowohl das Trainingspensum sowie die Leistungsentwicklung lassen sich exakt messen und interpretieren. Ein wattgesteuertes Training kann sehr motivierend wirken und helfen die Kräfte einzuteilen, was natürlich auch für Wettkämpfe gilt. Somit sind «Tests in Eigenregie» möglich. Die Ergebnisse können dann in die weitere Trainingsplanung einfliessen, was die Trainingssteuerung sehr «wissenschaftlich» und zielorientiert macht. Die Intervalle und Sprinttrainings können sehr genau gesteuert werden.

Die Interpretation der gesammelten Daten erfordert aber auch viel Zeit und Wissen. Auch verlieren Sportler oft das Gefühl für verschiedene Belastungen und fahren nur nach Zahlen. Die ständige Sichtbarkeit der abgegebenen Leistung kann Sportler auch stressen und ablenken. Nicht zuletzt ist die Anschaffung wesentlich teurer als ein Herzfrequenzmonitor.

Tipp: Ab und zu im Training und in Wettkämpfen die Leistungsanzeige ausschalten (die Daten werden trotzdem aufgezeichnet). So lernt man wieder, sich auch auf das Gefühl zu verlassen.



Gefühl

Ja, auch ein Training rein nach Gefühl hat seine Daseinsberechtigung. Der Vorteil liegt hier darin, dass der Sportler viel mehr in sich hereinhören muss und sich so besser kennenlernt. Dadurch verbessert sich auch das Pacing, also die Fähigkeit sich seine Kräfte einzuteilen. Auch gibt es keine Ablenkung und keine Probleme mit der lieben Technik, was die Qualität eines Trainings verbessern kann (und die Laune hebt). Gerade im Nachwuchsbereich plädiere ich für einen Verzicht auf Technik.

Der Nachteil ist natürlich der Verzicht auf die Analyse von Trainingsdaten. Leistungsentwicklungen müssen über Wettkampfsimulationen gemessen werden und unterliegen vielen äusseren Einflüssen. Auch wenn das Training nach Gefühl das Pacing verbessert, können Unerfahrenheit zu «falsch gefahrenen Intervallen» führen.

Tipp: Das Training lässt sich anhand der "Borg-Skala" recht gut steuern.



Wertsubjektives EmpfindenBeispiel
17-20Sehr schwer bis maximalAnaerobe Intervalle
14-16schwerTempo- und Schwellentraining
11-13leicht bis etwas schwerAusdauertraining
7-10sehr sehr leichtRegenerationstraining
6Keine AnstrengungErholung zwischen Belastungsintervallen

Die Skala beginnt übrigens bei 6, da sich durch multiplikation des Skalenwerts mit zehn, die dazugehörige Herzfrequenz in etwa abschätzen lässt.



Übersicht

StärkenSchwächen
Gefühl• Sich selber kennenlernen
• Keine Ablenkung
• Schult das Körpergefühl
• Verbessert das Pacing
• Trainingspensum nur schwer messbar
• Steuerung braucht Erfahrung
• Messung der Leistungssteigerung ist beschränkt
Herzfrequenzmessung• Günstig in der Anschaffung
• Trainingspensum recht gut messbar
• Trainingssteuerung für Ausdauereinheiten und lange Intervalle brauchbar
• Auswertung ist simpel
• Herzfrequenz reagiert träge auf Änderungen der Intensität
• Herzfrequenz ist abhängig von der Tagesform
• Sprinttrainings und kurze Intervalle lassen sich damit nicht steuern
• Messung von Leistungssteigerungen ist begrenzt
Leistungsmessung• Leistungsentwicklung ist messbar
• Trainingssteuerung ist sehr exakt
• Trainingspensum ist sehr gut messbar
• Vielfältige Analysemöglichkeiten
• Teuer in der Anschaffung
• Zeitaufwändige Analysen
• Verlust des Gefühls für verschiedene Belastungen («Fahren nach Zahlen»)



Leistungsmessung und Herzfrequenzmessung lassen sich übrigens gut kombinieren. Viele Sportler verzichten auf den Brustgurt, sobald sie sich für die Wattmessung entschieden haben. Dabei gibt das Verhältnis von Leitung und Herzfrequenz interessante Einblicke in das Leistungsprofil eines Athleten.

Greg
Greg
Gregor Lang ist der Betreiber dieser Seite, Trainer und sein eigener Chef. Wenn er nicht gerade Trainingspläne schreibt oder Trainingsdaten analysiert, probiert er neue gute und gesunde Rezepte aus. Fragen von Athleten bringen ihn auf die Ideen zu zahlreichen Blogeinträgen.
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